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Edith Anna Haase wird 1940 in Peterswald, heute Teil der Tschechischen Republik, geboren und wächst in Mecklenburg auf. Nach dem Abitur 1958 beginnt sie eine Schneiderlehre und studiert anschließend Textil- und Modedesign. Ab 1964 arbeitet sie in der Modebranche, unter anderem beim Modeinstitut der DDR in Berlin. In den 1970er Jahren spezialisiert sie sich auf internationale Modetrends und schließt ein Slawistikstudium ab.

In den 1960er Jahren heiratet Edith Anna Haase erstmals, doch die Ehe wird geschieden. Später lernt sie ihren zweiten Ehemann kennen, einen Kameramann des DDR-Fernsehens. Um ihn beruflich zu begleiten, absolviert Edith Anna Haase einen Kurs als Kameraassistentin. 1982 ziehen sie nach Bonn, wo sie im Auftrag des DDR-Fernsehens tätig sind und viel reisen.

1984 wird ihr Ehemann in Bonn wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet, und beide werden in die DDR zurückbeordert. In ihren Betrieben werden sie als „schlechte Vorbilder“ öffentlich angeprangert. Während ihr Ehemann bald rehabilitiert wird, verliert Edith Anna Haase ihre Anstellung und arbeitet fortan als Kostümbildnerin an der Komischen Oper in Berlin. Diese Erfahrungen sowie ihre Zeit im Westen führen dazu, dass sie sich zunehmend von der Gesellschaft in der DDR entfremdet.

Im selben Jahr lässt sich Edith Anna Haase scheiden und stellt einen Ausreiseantrag. Als dies an ihrem Arbeitsplatz bekannt wird, wird sie in die Garderobe versetzt, wo sie nur noch geringfügig verdient. Ihr wird signalisiert, dass ihr Ausreiseantrag aufgrund ihres Insiderwissens nicht einfach bewilligt werden könne.

Edith Anna Haase beginnt, sich in einer Protestgruppe unter dem Dach der Kirche zu engagieren, die sich gegen die politische Repression und für das Recht auf Ausreise einsetzt. In diesem Zusammenhang wird sie bis 1989 zweimal verhaftet, jedoch nach kurzer Zeit wieder freigelassen.

1989 erhält sie schließlich die Ausreisegenehmigung unter der Bedingung, ihre 80-jährige Mutter, Anna Reimer, mitzunehmen. Die Vorbereitungen für die Ausreise sind aufwendig und belastend: Edith Anna Haase und ihre Mutter müssen ihren gesamten Haushalt auflösen und verbringen Wochen damit, Hausratslisten für den Umzug zu erstellen. Im Juni 1989 reisen sie schließlich aus der DDR und verbringen sechs Wochen im überfüllten Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde, um das Notaufnahmeverfahren abzuschließen.

Dank eines ärztlichen Attests für ihre Mutter dürfen sie in Berlin bleiben, haben jedoch Schwierigkeiten, eine geeignete Wohnung für sich zu finden. Drei Jahre lang leben sie in verschiedenen Übergangswohnheimen, bevor sie eine passende Wohnung erhalten. Edith Anna Haase findet jedoch schnell eine Anstellung in der Tourismusbranche, wo sie sich fachlich weiterentwickelt und viele Jahre tätig ist.

Zum Zeitpunkt des Interviews lebt Edith Anna Haase als freiberufliche Stadtführerin in Berlin.
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